// Noblesse thy name is geiles Sparkly Outfit.

Wieder, erneut und unermüdlich funkelt Kosky durch die komischste aller Opern, dieses Mal Vaudeville, dieses Mal KO @Schillertheater. Who knows knows und macht sich dafür auch auf die Aventüre in den Westen, Charlottenburg oder zu was das Ernst-Reuter-Rondell eben so gehört.
Inszeniert wird “CHICAGO” von John Kander, pailletiert, verglitterisiert und hupfdolisiert dann aber von Kosky. Jener irisierender Farbteich im berliner Kunstfestspiel blendet auch hier wieder Farblosigkeit, Trostlosigkeit und Grau komplett aus, CAPS LOCK OFF. Kolorierung und Gradierungen an, bitte viel, bitte immer, bitte auch vorallem im Winter.
Roxi Heart, die Berlin-beschnauzte Mörderin, feixt mit ihrem Anwalt Billy Lloyd, einem Troy-Hawke-Look-Alike im Vaudeville-Gewand und lila Smoking Jackett. Jener schwebt in einem, der Größe seines Egos zuträglichen, Herzen ergüsslich darnieder, während die höchst nackten Hupfdollis und Jazz-Babies herumderwischen und die Lichter, welche die Lettern “MURDER” umschmücken, leidenschaftlich in Atem halten. Und bald weiß niemand mehr so recht, wessen Funken auf wen stieben und welche Farbe des kompletten Spektrums bisher noch keinen Auftritt hatte.
Selbst die Gefängnisgitter wurden mit Edisonbirnen beschraubt und fließen flüssig auf und ab und auf und nach links.
Eine Magyarin ruft immer mal wieder “Nicht schuldig” und entschwindet schnell wieder ins Off.
Um mich tummelt sich derweil wohl eine Schulklasse, welche, natürlich, nicht müde wird, Szenengeflüster und Getuschel in ihren Reihen herumzureichen.
Der Orchestergraben wirbelt zu Klarinettengezeter, Duo-Piani, großartigen Tempiwechseleien, Drummdrummdreidels und irgendsolch anderen Musikterminis. Ein Adagio findet sich sicherlich auch noch, 2. Satz, sieh nur mal genauestens hin.
Pause.
Der zweite Teil beginnt, für mich, zunächst auf besseren Plätzen, vorne, erste Reihe, Rang. Das A wird angestimmt. Ich drücke mich tiefer in die 50€-weiter-vorn-stehende Polsterung und erkenne sogleich sogar Gesichter. Mimik umtänzelt mich nun gleichwohl und überdies scharwenzelt hier vorn sogar frische Luft durch die Gänge — Wohlgenuss!
Billy “Troy” Lloyd schniedelpetert wirschig mit Roxis Ehemann herum und bringt ihm bei, dass er ein trauriger Clown im leeren Zirkus seines Lebens ist. Traurig, ja, aber Beifall fällt ihm gerade deshalb in tausendfacher Ausfertigung zu Clownsfüßen.
Ein Schimmer jagt das nächste Glimmen, auf Jazz folgt Swing, auf Puder eine Arie, die Grenzen wegtintenkillert und notfalls ausbessert.
Ein Wettbewerb der Diskoballerei, Roxi vor Gericht, Stimmen des Volkes, vereint mit Dalí-Sofaesken Münder vor den Gesichtern, brabbelblablaen herum widebumm und eine hellgrellende Scheibe, auf der alles Platz findet, Prozess und Klamauk.
Die tuschelnden Kinder aus Reihe 10, wurden nun, in Reihe 1, durch die Kaugummiblasenplatzenlassenden Malmkiefer meiner Beißenthusiastin neben mir ausgetauscht, die kein einziges Bläschen auslässt und oft sogar eine valkyrische Kanonade auf den Saal loslässt. Passt zum Thema, da auch auf der Bühne Leiber durchlöchert werden — ganz lustig, Schenkel-klopfend und glitzernd inszeniert aber, weshalb kaltblütig Mord hier auch eher als spaßiges Beiwerk das Eigentliche schmückt. Da wütet eine Vollautomatik durch 8 Personen hindurch und die Zuschauenden verfallen ins Thihihi. (Informiert da denn jemand die Eltern der hinterrücks/vorderfronts Erschossenen/Verendeten?)
Einerlei, Lloyd trägt nun — auch er schnieke Schimäre, wie alle auf der Bühne — ein dickgenaschtesrosa Blümchen am Revers, welches kurz danach, say what, zu einem glitzernden wird. Noblesse thy name is geiles Sparkly Outfit.
Die Handschrift des Meisters (nicht Miyazaki, please) ist erkennbar, es fabuliert alles, was darf.
Der Klamauk scheint an dieser und der anderen Stelle jedoch ein wenig auszuufern, Passagen, die sich ausgiebig strecken, wenn auch mit glühender Ver
ve.
Um Unterhaltung muss mensch hier nicht bitten, sie explodiert einem direkt im Hypothalamus und verstreut Konfettoni (entw. Plural, Konfetti als Maccaroni getarnt oder umgeschmückter Simpsons-Charakter) wenngleich auch ein certaine je ne sais quoi mich diesen Abend noch mehr in das hinreißende Kosky-Deckchen eingelullt hätte.
Knappe 3 Stunden umsausten das Schillertheater dennoch in windigster Eile und brachten das Chicagolorierte Räumchen zum saumseligen Schwingen, Leuchten und Bummsen.
And aaaall that Jazz.
Comments