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// Jemandes Realität.


Jemandes Vater war ein Guter. Lang gewachsen, stämmiger Bau, wuchtiger Vollbart und eine Stimme, die basslastiger kaum hätte sein können. Er war Schutz und Furcht gleichermaßen für Jemanden. An einem Tag, ähnlich wie heute, blickte er auf seine Uhr. Mehr nicht. Heute war eben so ein Tag, an dem er, außer auf seine Uhr zu schauen, nicht allzu viel Erwähnenswertes erlebte. Aufstehen, kacken, essen, Uhrzeit checken und dann eigentlich auch schon wieder schlafen. Ein gewöhnlicher Tag, obwohl er doch so rau, abstrakt, maskulin und idealisiert war. Das blieb, erschreckenderweise, nicht der einzige Tag, an dem er mondän seinem erlebnisarmen Dasei frönte. Einschüchternd wirkte er dennoch. Männlich wirkte er dennoch. Aber er machte das eben sehr geschickt. Wirkung hatte er auch trotz der Abwesenheit von Abenteuer, auch trotz des zur Schau stellens eines ganz normalen Lebens. Er erreichte das durch Lautstärke. Das, samt dem wuchtigen Auftreten. Das, samt dem so vielsagenden Augenrollen. Das, samt der Konsequenzen, die all das Erwähnte mit sich zog. Samt der Angst von Jemandem. An den Tagen, an denen er die Uhr nicht anschaute, ging er mit Jemandem raus. Zoo, Spielen, Eis essen, Schwimmen oder Fahrradfahren. Immer war Jemand unterlegen und fragte sich, ob er später auch mal so sein muss. Ja, gab sich Jemand ganz klar zu verstehen.

Jemand wurde letztlich nicht so, verkniff sich in Teilen die Maskulinität – was auch immer Jemand darunter versteht. Vielleicht Bartwuchs, einschüchterndes Auftreten, Weghören, wenn hingehört werden sollte, Ignoranz gegenüber Schmerz jedweder Art und irgendwem? Die Sensibilisierung und Umgewöhnung dauerte und Jemand steckt immer noch im Prozess.

Jemand schreit deshalb heute verspätet innerlich und klagt sein Leid.

Trotz stämmigem Vorbild.

Pech.

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