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// Niederschriften für eine Dame 3/3 – Nachträgliche Morgendämmerung.


Herum huschende Töne verliefen sich in den halbdunklen Silhouetten des terrakotta-farbenen Raums, in welchem ich mit leicht kratzendem Hals aufwachte. Die Töne zähmend, drückte ich auf das Smartphone am Boden und erschrak kurz, da die Sommerzeit begonnen hatte und ich nicht sicher war ob meine Großeltern nun schon bereits die Nachspeise zu sich nahmen oder ich noch kurz duschen könnte bevor sie mich abholten. Zweiteres sollte sich bewahrheiten und ich konnte sogar noch das traditionelle Osterei beim Frühstück teilen (eine Tradition die ich bisher drei Mal mitgemacht hab – Euphorie, Euphorie). Frisch gebacken stand in wenig später mit Großeltern-gerechtem Schopf, einem Anklang von Parfum an mir und dem Wissen, auch zum Frühstück den weißen Zucker (der hier wahllos sein Unwesen treibt) gemieden zu haben.

Das Restaurant war wie gewohnt schwäbisch. Buffet mit Maultaschen und Dingen die sich darum rangieren - Gourmet thy name is schwäbische Küche. Gefühlt 50% der Gäste waren Kinder, die in der Spielecke (nebst unseres Tisches) mit Bohrmaschinen, Klötzen und Maultaschen herumalberten; ich war entzückt. Der Bubb an unserem Tisch, Elias hieß er, soweit ich noch weiß, brachte sein kleines, klackerndes Küken mit, welches wir auf 'Kuhluhu' tauften. Die Stimmung im Raum war durch Stühle schieben, eifrige Diskussionen und einem gelegentlich ohrenbetäubenden Schrei von Maxi (erfunden), der von seinem Bruder Harry (er sah zumindest aus wie einer) nicht in die Spieleecke gelassen wurde – schon fies, dachte ich mir, während das letzte Stück Maultasche ihren Weg in meinen Mund fand. Sollen wir zahlen? Rechnung bitte! Nene, ich zahl doch nicht alles. Was gibt man da an Trinkgeld? 10%? So viel? Bis nächstes Jahr! Auch bei meiner Mutter hielt der trockene Hals noch an seinen Überzeugungen fest und fiel mir oft bei Ausführungen direkt ins Wort. Aber nunja. Oberkochen. Die Stadt, die meine Mom zum Wohnort erkoren hatte. 8.000 Einwohner. Trotzdem sieht man immer nur dieselben sechs Leute auf den Straßen. Meine Mom und Bernd, der Bursche an ihrer Seite, begrüßten mich noch bevor ich klingeln konnte und umarmten mich liebevoll. Mein Platz auf dem gelben Velourledersofa war gesichert. Der Tee schwappte in einer „EOS“-Tasse in meiner Hand umher. Die Gespräche konnten starten. Durch die wunderschöne Glasfront, hin zum Balkon, konnte ein Teil der Stadt überblickt werden und am fernen Waldrand hüpften vereinzelt entzückte Rehe auf und ab, bis Wanderer die Idylle rüde unterbrachen. Als ich mich wieder zu meiner Mom drehte schaute sie mich erwartungsvoll an. Frage verpasst und keine Ahnung was gefragt wurde. Das „unabsichtlich Tee“-verschütten um abzulenken war ein perfider, fast nicht zu durchschauender Plan, der von meiner Mutter direkt durchschaut wurde. Nunja. Es gab auf jeden Fall einiges zu berichten und klarzustellen. Auch hier verflog die Zeit einen Hauch zu schnell und nun liege ich auch schon wieder eingepackt und schläfrig im Bett. Schreibe diese Zeilen und hoffe, dass auch dein Tag deinen Erwartungen nach schön verlaufen ist. Ich packe mein Schreibzeug ein und mache mich auf eine träumerische Wanderschaft. Ich hoffe wir begegnen uns dabei und bekommen die Gelegenheit uns nur für ein paar Sekunden zu küssen. Ich freue mich darauf.

Dein Vagabund,

M.

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