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// Be the BusinessClass you are, not the BusinessClass you want.

  • Autorenbild: Michael Schuster
    Michael Schuster
  • vor 13 Minuten
  • 4 Min. Lesezeit


Als wären sie noch wütend von letzter Nacht, hängen dicke Wolken grau-schmollend am Himmel und ziehen eine Watteschnute. 

Den Humboldthain auf der Rechten fahre ich geradeaus. Weiter. 

Vereinzelt jaulen Autos an mir vorbei, wie Sternschnuppen und verglühen am Ende des dunklen Asphalts. Asche zu Asche und weiter will ich mich auch gar nich einmischen. Alt-testamentarische Quasselei in Schönschrift: ON.

Ich ziehe den Hoodie tiefer, den Schal enger und fahre bei tiefstem Rot über die mucksmäuschen stumme Kreuzung. Nach Rechts. Schreiend, im Einklang mit meinem Inneren. 

Die Pedale klappern zum tropfenden beat auf den Ohren, verhindern, dass ich langsamer werde.

Alles in mir trägt einen mit Trostlosigkeit gewebten Kaftan. Die Energie in träger Auflösung und auch die Helligkeit der Freude lässt sich darunter kaum mehr ausmachen. 


Ich fahr die Hochstraße weiter, Richtung Lobe Block. Is ja schließlich Samstag, is ja schließlich Forrest Yoga bei Nicola, um 10h30. 

“Inspiriert von Ana Forrest. Es kombiniert Elemente traditioneller Yoga-Stile wie Sivananda Yoga, Iyengar Yoga und Ashtanga Yoga mit eigenen Übungen. Eine transformative und rehabilitierende Erfahrung”.

 

Im Sommer gab’s das auf der Dachterrasse des Studios. Die wird aber erst ab 18 Grad sonnenbegrüßt und um mich brennen sich maximal 2 in die Haut.

Ich zieh den Hoodie deshalb nochmal tiefer, jetzt, sofort. 


Durchatmen. 


Schmauch steigt aus meinem Mund auf, wärmt und schmiegt sich an die Augen. Das Ganze zwei, drei Mal und die Welt kriegt ne viel weichere Melodie. 

Irgendwo zwischen Schlaftrunkenheit und Yoga-Euphorie reißt sich deshalb dann doch irgendwie die Kleine-Heile-Welt-Scheiße aus mir heraus und schlägt sich brav brach. (Alliterarisches tanzt einem morgens einfach am leichtesten durch den Kopf.)


Rechts taucht er dann auf. Der Humboldtsteg, rot, erhaben und episch sticht er in den Hain. Mühelos. Im Geist beginnt The bridge of khazad dum zu melodeien. Lautes Poltern regelt sich überall herauf. Etwas Unaussprechliches, aus den Tiefen Morias, setzt sich in Bewegung. Hobbitse rennen plötzlich panisch über den Steg hinfort, Gandalf jagt hinter ihnen her. Jäh bleibt er stehen, dreht sich um und brüllt zum Balrog von Morgoth: “Du! Kannst nicht! Vorbeiii!”. Der Steg stürzt teils ein, der Balrog fällt. Siegessicher dreht sich Gandalf zu den Gefährten um. Flammen stoßen aus den Augen und der Nase der Bestie. Die Orkse drum herum waren verstummt. Da schießt die dräuenden Feuerpeitsche des Feuergeißlers nach oben und umschlingt Gandalfs Knöchel. Er zieht ihn zu sich. “Flieht, ihr Narren!” haucht er noch, bevor er in die geifernde Feuersbrunst hinabstürzt. Frodo, fassungslos, schreit ihm, mit Tränen erfüllten Augen, nach. Ein engelsgleicher Gesang schiebt sich vorsichtig an die Oberfläche und meine Augen füllen sich ebenfalls bis weit über den Rand. Scene.  


Die Flakanlage dahinter zeigt sich majestätisch und doch schutzlos, so ganz ohne ihren Laubüberwurf. 

Ich schmeiß die linke Hand raus und biege ab. Neue Gerüche schmieren sich in mein Gesicht. Kaffee und Gebäck. Sind so Dinge, die ich ganz gut leiden mag. 

Bremsen funktionieren am Rad inzwischen hauptsächlich, wenn ich das Vorderrad mit den Schuhen zum Halten bringe. 16-jähriger Small-Town-Rebell im NorthFace-Pelz. 

Fahrrad anketten. An ne Straßenlaterne. Is seit diesem einen Film ja Pflicht. Kenn ich nix, Lederweste und das ganze Trarirum eben. Grüße an das Zahlenschloss: X0X0. 


Der graue Block treibt 4 Stockwerke in die Höhe. Eine gewaltige Betonpflanze. 

Fahrstuhl: Erster Stock. 

Und auch hier degustiert der Verstand 7erlei Geruchsnuancen. Von Doc Martens bis New Balance. 

Nicola sitzt stoisch wartend auf uns Angemeldete, um sich anzumelden. Kurzes Nicken –– die ganze Welt liegt in diesem Nicken. 

Matte holen, Block rausfischen, Platz suchen und am besten das Maul halten, weil keiner die Gespräche von anderen hören will. Kontextlose Papierfetzen, die selbst mit dem größten Wohlwollen einen wohlgenährten Brechgesang der menschlichen Kommunikationsfähigkeit darstellen.

Die reguläre Atmung wird eingestellt. Wir verwandeln sie in eine Ujjayi-, Ozean-Atmung. Jedes Luftholen schenkt dem Raum nun ein flüsterndes Meeresrauschen. 

Lotussitz, halbe Taube, halber Mond, halber Kabauter. Ich durchlaufe 30-40 verschiedene Positionen, Schwingungen, Meditationsmuster und Energiefelder. Markiere mir, mental, die rauschhaften Gefühle, die bei manchen dieser Forrest-basierenden Körperschlumeleien durch mich strömen, mit einem hellpinken Marker. Vibrationen gelb, Dehnungen orange. Alles, um damit morgens (von nun an) in meinem Zimmer starten zu können. Damit Körper und Geist auf alle Unwegsamkeiten und Holterdipoltereien des Tages vorbereitet sind. Negatives zerfließt dabei in Samtigkeit und Verve. Gluteus, Quadriceps und andere Hüftbeugerverwandtschaften bekommen ab morgen meine ungeteilte Zuneigung. Besonders der Lendenbereich will mit stress-vorbeugenden Tuchmasken verwöhnt werden. 

Die 90 Minuten vergehen, wie solche Yogastunden eben so vergehen. Man atmet, man dehnt den Körper, der Körper zittert, wippt und vergleicht sich mit anderen. Jemand niest zwei Mal zu oft, zu laut und nicht in die Armbeuge. Mindestens eine Person nimmt das mit dem Atmen viel zu ernst und verschreckt dadurch 50% der Klasse. Und im Grunde fiebern 70% derer sowieso nur dem faulen Rumliegen am Ende entgegen. Shawasana thy name is jeder atmet endlich wieder wie n Mensch. 

Vom Nebenraum schimmert das Om der Jivamuktis durch und wir kommen langsam in die Sitze-bitte-wieder-in-eine-aufrechte-Lage-bringen-Position und stülpen präventiv das kleine Tischchen im Geist hoch. Fensterläden bitte auch und den Geist auf Einsicht. Alles aufgeräumt, alles auf seinem Platz. Die Notausgänge sind bereit, wieder durchflutet zu werden und bestenfalls fällt einem das Gepäck nicht direkt wieder zwischen die Kauleisten. 

Namaste. Matte putzen. Heimweg. 

Inzwischen sind wir bei 18 Grad. Dachterrasse wäre offen. 

Aber es is 12h00. Frühstück wird dargereicht und danach, in the holiest of spirits, geht’s ins Sisyphos, um das ganze Gelernte auch sofort anzuwenden. 


Tische können wieder runtergeklappt werden, Fensterklappen auch und den Sitz bitte auf “Flacher als der Horizont”. 

Be the BusinessClass you are, not the BusinessClass you want. 

Namaste to you, my child. 


 
 
 

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