// Abend. Nacht. Morgen – Des Triptychon zweiter Teil.

II. Nacht
23h43 ~ 8h06 (Eine Traumerzählung)
Die Stadt ist voll, wirr. Bewegt sich, um sich zu bewegen. Vieles läuft mechanisch, nichts von selbst. Ich packe meine Sachen. Wirble wild-suchend in meinem alten Zimmer, bei den Eltern, umher. Der Laptop ist noch offen und der Porno auch noch frisch geladen. Vater, Mutter und Tante wuseln ebenso wild um mich herum. Ich steige die Stufen, des offenbar nunigen, Maisonette-Zimmers herab, stelle den Laptop auf einem Tischlein ab und fühle mich beobachtet. Umarme die Schwester, die nun die einzige Person mit mir zusammen ist, kurz danach sehr innig und versprechen, uns ganz bald wiederzusehen. Ich frage sie nach dem Wann, jedoch bleibt sie sehr vage. „Du siehst mich dann schon.“. Ich nicke verständnisvoll, bleibe verständnislos aber muss es wohl als solches akzeptieren. Hab keine Selbstkontrolle, alles ist mechanisch und irgendwie fremdgesteuert. Wir umarmen uns nochmals sehr innig unter meines alten Dachfensters verschmierter Scheibe. Von draußen blicken hellgraue Wolkenschwaden herein.
Auch wenn ich gepackt hatte, geht sie nun hinfort. Das Zimmer verflüssigt sich, wird unscharf und ich verabschiede nunig meine kleine Cousine. „An Weihnachten sehen wir uns ja wieder.“, flüstere ich. Aktuell ist es anscheinend August oder Oktober. Oder gerade der Annahme wegen September? Es grinst um uns herum. Die Kleine erzählt vom Ballett und dass sie einen der Schwäne in Schwanensee tanzt, denn schon einige Jahre tanzt sie nun wohl. Gut möglich, da ich sie nur rund zwei Mal im Jahr sehe und anscheinend doch sehr wenig aus ihrem Leben weiß. Es betrübt mich einerseits. Andererseits muss ich aber meinen Flug bekommen.
Mittlerweile stehen wir alle auch irgendwo in Berlin. Kotti, Wittenbergplatz, egal. Irgendeines der ranzigen Löcher Berlins eben. Wo Leute mechanisch laufen und sich doch nichts bewegt. Ich muss mit dem Mxx-Bus fahren, der gerade vor mir davonfährt. Ich hatte doch noch 15 Minuten Zeit?! Nun denn, Taxi. Das Erste ist voll. Das Zweite hält an. Ein Mann steigt aus, weil es eben sein muss. Er geht in dieselbe Kneipe, in die ich sowieso muss. Ich bestelle ein Brötchen und bekomme eine Currywurst mit Pommes serviert. Sonderbar wenig Pommes sind das! „Ich hatte doch..“, ja, was hatte ich denn eigentlich bestellt? Einerlei. Er nennt mir einen Preis und gibt mir Geld zurück, ohne meins bekommen zu haben. „Manchmal ist das Leben schon echt schade.“, meine ich. „Beleidigen, ohne wirklich zu beleidigen“, meint der Currywurst-mit-Pommes-Kneipier pikiert. Inzwischen hatte der Taxifahrer seine Currywurst mit Pommes genommen und ist schon mal zum Wagen. Ich bekomme noch Wechselgeld, welches aus einer mattierten 1er- und einer 2er-Münze besteht. Sieht uneuropäisch aus, aber ich rede es mir europäisch und lasse es im Portemonnaie verschwinden. Ich verlasse die dunkle Eck-Kneipe und stehe wieder vor dem Taxi, das inzwischen eine gewaltige Schiefern-Platte auf dem Dach trägt. Es scheint fast so, als müsste ich in eine Höhle hinab steigen. Ich bücke mich und zögere dabei. Wird das Auto vom Gewicht nicht zermatscht werden?
Ich zwänge mich hinein, nachdem ich den Sitz nach hinten gestellt hatte. Keine Reaktion vom Fahrer. Ich drücke mich zwischen Beifahrersitz und Beifahrerlenkrad, das plötzlich erschienen war. Nun dann, mal los zum Flughafen. Es ist 18h39 und um 19h00 geht der Flieger. „Das könnte klappen“, murmelt der Fahrer. „Aber immer diese Überstunden. Aber die muss man halt machen, weil sonst geht das mit dem Urlaub nicht.“, sagt er zu mir. Ich schweige, denke mir meinen Teil und überlege, ob ich ihm sage, dass ich gar nicht arbeiten war. Warum denn auch gerade Arbeit? Gibt es keine anderen Gründe, weshalb ich ein Taxi nehme? Seltsam.
Wir nähern uns, fahren hinab in eine dieser neuen Verbindungswege für Autos, dass man schneller zur U2 kommt und von da dann nach Tegel. Logisch.
Im Inneren des, wie ein Getränkeautomat anmutenden, Spektakels rutschen wir mit dem Auto umher. Fädeln uns ein und schieben uns durch. Den letzten Aufgang laufe ich und habe das Auto unter den Arm geklemmt; geht schneller so.
Ich finde mich daraufhin in einer mit Faschingsschmuck ausstaffierten Halle wieder und Jugendliche gibt es da auch. Die wirken teilnahmslos und desinteressiert; machen also dem Begriff Jugendliche alle Ehre.
Ich kann nun den Flughafen durchs Fenster sehen, weiß aber nicht, wie ich da hinkommen soll. Panisch suche ich Portemonnaie und Handy in der Tasche – weg. Trage aber beides in der Hand. Atme hektisch und verzweifelt und höre dabei eine ferne Melodie. Ein grauer Schleier erblüht und die Beständigkeit des Traums löst sich in seine Bestandteile auf, vaporisiert vor meinen Augen und wirft mich sachte in mein Bett. Ich dreh mich nach links und schalte das Klingen aus. Anstrengend, wenn man so früh schon so spät dran ist.
Augenklimpernd
M.
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