// Wenn der VfB verliert, hau ich dir die Zähne ins Pissoir.
- Michael Schuster
- 30. Mai
- 2 Min. Lesezeit

Es riecht nach Rohrstock und Christentum. Das Wehklagen der Welt schreit vom Keller und alles, was mir morgens sonst so die Tränen ins Gemüt laufen lässt. Der Suff von gestern liegt mir noch schnarrend im Getriebe und lässt den pelzigen Geschmack auf der Zunge sein hässliches Ave Maria beten.
Ne Nacht, wie sie sich für Männer gehört. 14 Bier, 9 Kurze und nem Typen die Fressmurmel poliert, weil der dem VfB den Meister nich zutraut. Der konnte dann seine Zähne aus dem Pissoir rausfischen.
Ich kick die Decke weg, raunze n animalisches Irgendwas heraus und könnt eigentlich direkt wieder kotzen. Nur n weiterer Tag, der außer Brechgesang vom Vater und blödsinnige Schreimelodeien der Mutter nich viel bieten wird. Bruder is arbeiten und damit endet die Litanei der Scheiße auch schon. Kurz und knapp. Bündig vielleicht auch.
Ich schleich zur Türe und die Treppen runter. Enge Drecksstufen, die klingen, als würde n Pfarrer nen Chorknaben entweihen. Aber Rock n Roll und Metal hat der Teufel erfunden. Christentum, du liederliches Trugbild. Mach ruhig weiter so. Ich brauch erstmal Kaffee oder ne Kippe. Oder n anderes Leben. Einerlei. Mutter steht in der Küche und schaut strafend, Vater sowieso, aber der kann direkt zur Sakristei und sich hinter dem Chorknaben einreihen. Kaffee und Bild-Zeitung, jeden Morgen, jeden verschissenen Morgen.
Ich nehm die Tasse, stolper zur Terasse und steck mir ne Glimme zwischen die trockenen Hautlappen.
Zippo, Zug, Zeig mir den Weg, Baby. Hauptsache weg von hier.
Dorfleben, das tief in seinen Blutbahnen das Leben aus seinen Bewohnern saugt. Zu xenophoben CDU-Wählern heranzieht und sie an sich bindet, wie Bella fucking Swan blutleere Vampire.
Noch n Zug. Die Realität zieht bedrohlich ihre Kreise um mich und stürzt sich demnächst wohl auf mich runter. Und irgendwo schreit ne Krähe ihr letztes Wort.
Ich rauche fertig und werf mein Leben in den Aschenbecher. Zu all den anderen ausgedrückten Lebensentwürfen.
Von drinnen schreit’s und auch von der Küche brüllt Mutter Unverständliches ins Leere.
Kann’s kaum erwarten, bis heute Abend der VfB gegen den HSV spielt. Dann geht's ab zu Rudis Rumpelschleuder und 3 Bier sollten mich in den ersten 15 Minuten einpegeln. Rubichek schuldet mir sowieso noch was von gestern, dann wird's günstiger.
Ich hol tief Luft, kratz mich am Arschloch und geh rein. Das Ganze wird ja sowieso nich besser. Erträglicher, aber nich besser. Täglich wiederholt sich Tägliches und keine Sau interessiert’s. Würden die mal kurz nachdenken, würden die bemerken, dass es hinter tausend Stäben auch tausend Welten gäbe. Aber die sehen eine. Auch gut, weil Rilke und Platon kennt hier sowieso keiner.
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