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// Angedeutetes Schneegestöber.



Sie rieb ihm mit nem Paket Eis am Hinterkopf rum, auf dem sie gerade ne Flasche Single Malt zerschellen hat lassen. Er hielt sich an ihrem Bein fest. Sie rieb, pustete und rauchte derweil ihre Gitane zu Ende. Der Schmauch verlief sich im dunkelbraunen Zimmer. Der TV zeterte im Hinten noch umher. Dallas, die neue Scheiße. Ohne Hagman. Will keiner.

„'ne Flasche? Biste denn verklumpt im Dach?“, murmelte er, klaubte seine Zigarette vom Teppich auf und zog am Glimmer. Teer umschmeidete sein zorniges Gemüt und entsagte ihm damit den Anspruch auf mehr Lamentation.

„Sei mal ruhig, du Larry!“, so sie. Nahm den Eisbeutel und lies ihn auf den Boden krachen. Im Eck lagen drei Blumentöpfe. Zerbrochen. Erde floss heraus und die Gefäß hatte sich als Scherben ein neues Zuhause gesucht.

Er hielt sich den Kopf. Dünner Blutfilm hatte sich auf Ring-, Mittel- und Zeigefinger gelegt. Aufstehen war erst mal nich. Die Flasche war noch halb voll. Das sah er. Sowas sah er immer. 'n gekonnter Griff danach, Korken mit den Backenzähnen raus und nach sechs kräftigen Schlucken bot er ihr auch was an. Sie nahm die grüne Hülle in die Hand, blickte ihn dabei liebevoll an, und setzte sie an ihre Lippen. Leer. „Auch gut.“ Sie schaute umher. Die drei Wände der Wohnung wirkten vergilbt, ekelhaft. Fast keine Bilder an den Vertikalen. Ein Fenster. Geruch: modernde Couchsurfer.

Draußen wurde ein Schneegestöber angedeutet. Wind ging und machte dabei die typischen Windgeräusche. Huhhh und pfuuhhh. Dieser ganze banale Scheiß eben.

„Und jetzt? Wollen wir nochmal drüber reden oder is alles gesagt?“, er.

Sie: „Von mir aus.“ Achselzucken, gefolgt von Haare aus dem Gesicht wischen.

Das half Beiden so sehr wie der Whiskey eben. Irgendwie strahlte es Wärme aus. Verbundenheit.

Sie half ihm nicht hoch, sondern setzte sich zu ihm, ließ sich neben ihn plumpsen.

„Wollen wir jemanden umbringen?“, er.

Sie: „Willst du wollen?“

Er, lachend: „Ach, is nur so ne Idee. Wir haben eh nich viele andere Pläne. Tja.. Wie würden wir das denn anstellen?“ Er zog den Rauch tief ein und pustete ihn wieder tief heraus. Kreiste mit den Fingern auf dem Teppich herum.

Im TV kam Werbung. Die Topfpflanze bewegte sich kaum merklich. Nur die aufsteigende Hitze der Heizung ließ einzelne zarte Blättchen tanzen.

„Ach,“, sie, „is doch zu aufwendig. Und wen denn? Kennst du jemanden, den du zum Spaß abknallen wollen würden willst?“

Er: „Deine Grammatik is machmal echte Scheiße.“ Er räusperte sich, kratze sich hinterm Ohr. „Karl, die fette Polsterkuhle. Schuldet mir eh noch Geld.“

Sie: „Aber, wenn wir ihn kalt machen, kriegste dein Geld noch nie.“

Er: „Achja.. shit. Naja, dann machen wir halt Abendessen. Hab sowieso Hunger.“


Das Publikum schaut den beiden Protagonisten schweigend zu, wie sie ihre Dialoge herausdrücken. Drei husten, einer steht auf, geht aufs Klo.

Sobald er zurückkommt holt der Mann auf der Bühne eine Gitane aus der Packung, zündet sie an. Der Mann im Publikum setzt sich wieder. Reihe 3, Platz 4.

Im Bühnenhintergrund fallen immer noch weiße Flocken Styropor. Setting the mood. 

Der Mann auf der Bühne lässt den Oberkörper neben ihren fallen. Man hört ihn an der Zigarette ziehen.

Sie auch.

"Dosen-Pommes?"

Das Licht verklingt.

Beide hauchen den Rauch in die Dunkelheit des Epilogs.

Das Theater sitzt still da.

Schweigt.




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