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// Schläft ein Lied in allen Dingen.


Es schrieb einst Joseph Weigl, ein Schüler Antonio Salieris, über des Tonsetzers Hinscheiden:

Ruh sanft! Vom Staub entblößt,

Wird Dir die Ewigkeit erblühen.

Ruh sanft! In ew’gen Harmonien

Ist nun Dein Geist gelöst.

Er sprach sich aus in zaubervollen Tönen,

Jetzt schwebt er hin zum unvergänglich Schönen.

Ist jenes nicht wundervoll und eine poetische Erfüllung, die ein Vergehen nicht würdiger machen könnte?

Welche Töne werde ich wohl gesprochen haben und welcher Klaviatur werde ich mich zuletzt bedienen? In welchem Ausmaß will ich jenes überhaupt wissen? Ich stelle mir den Abschied, den lyrischen Epilog vom prosaischen Ganzen, in einer Theateraufführung vor. Ein Puppentheater. Weniger episch, da ich Brecht zwar schätze, aber mir persönlich der Irrsinn und das Ausschweifende im Stück weitaus besser gefällt. Ich wünsche, so schreibe ich es im Januar 2019, ungewiss, was später sein könnte, mir ein kauziges Spielchen, welches den Gästen Freude, Lust, Unbehagen und Verwirrung bescheren mag. Sie auch gerne in den Zustand innerster Entrüstung und Ressentiments versetzen möchte. Der Prolog könnte wie folgt erklingen:

Ist es ein Stück für mich oder eines für euch? Wenn ihr euch jenes Fräglein stellen solltet, könnt ihr euch gleichwohl fragen, warum ihr mich denn wohl nicht wirklich kanntet.

Dem ersten Akt noch nicht einmal anheimgefallen und schon ziehe ich mich zurück, wehre mich gegen eure eventuelle Anteilnahme.

Das Stück beginnt, also schließt nun die Münder und öffnet eure Gedanken.

Akt 1, Szene 1. Puppenhaus. Innen. Sonnenaufgang. Neutrale Musik im Hintergrund.

Das Püppchen Myrtell hatte gerade zum ersten Mal Analsex und reibt sich noch nachgänglich an ihrem Bettgestell. Ein pelziges Äffchen liegt neben ihr und spielt Candy Crush; Level 76.

Myrtell:

Wie heißt du eigentlich.

Leckendes Äffchen:

Leckendes Äffchen

Myrtell:

Gestern auch schon?

LÄ:

Ne, abends heiße ich Toffi. Toffi aus Üll.

Myrtell:

Üll. Da kam doch dieser berühmte Gauner her, den P. Penis und der Adamsapfel damals gejagt haben.

LÄ:

Wahrlich. Ein “vom Üll” war das. Lustig, weil es ja wie “vom Müll” klingt.

Myrtell:

Unweigerlich klingt es so, ja.

Diesen Schabernack in den Prolog zu schreiben hat viel Charme und lässt den Großteil sicher jetzt schon seufzen. Warum ich beabsichtige Menschen, die ich vermeintlich liebe, zu ärgern? Ich will damit doch nur zeigen wie ich bin, zu wem ich, dank ihnen, wurde. Ich ärgere nicht, sondern führe lediglich vor, was von jenen gepflanzt wurde. Und sieht man die Früchte, die man selbst sät, nicht ungeheuerlich gerne? Jeden, den dieses Stück also entrüstet, kann sich gleichwohl fragen, ob er falsches Saatgut gewählt hat. Falsch gegossen hat. Falsches Licht hat hinauf scheinen lassen. Für all jene die hier freudig glucksen, gibt es folglich nichts zu Hinterfragen. Außer ihr Sein per se, natürlich. Vermutlich sind das auch die, die den geblühten Samen nach all seiner Reifung erst zu Gesicht bekommen, sich also auf Grund des Lichts, der Bewässerung und der Saatenwahl für die Pflanze entschieden haben. Denen die Früchte Freude vermitteln und keine Zerfragung bescheren. Denn diese mit den Beschwerden und den lustlosen Seufzern, seufzen dann hoffentlich auch über sich selbst, denn nur das wäre gerechtfertigt. nur damit wäre tunlichst eine sinnvolle Diskussion zu erwarten. Säumt die Straßen und und Polstermöbel. Traut euch zu reflektieren. Anmaßend ist’s von mir? Ja, ist es. Sehr sogar. Bewusst wählte ich diese Konsequenz und evoziere diese Gefühlsregungen. Womit wir ein Exzerpt aus Akt 31, Szene 92 beschauen könnten:

Akt 31, Szene 92. Ein Flegel wirft mit Brezeln um sich. Ein Disput tritt sich los und quengelt launisch ins Narrativ.

Mr. Piekepie:

Was verleiht der Realität denn ihre Echtheit? Bist du dir denn sicher, dass der Disput, den du hier hältst, seine Berechtigung hat? Warum? Ginge es denn auch ohne diesen Streit? Widme diesem Gedanken doch einen kurzen Gedanken.

Könnte die Frotzelei vermieden werde? Wäre das dennoch noch im Einklang mit deinem Seelenfrieden? Könnte es, trotz stürmischem Gebaren, ein windstilles Seelensein geben? Könntest du dich der Flut des Aufbringens stellen und, ihr zwar den nötigen Raum geben, aber den Schall danach melodischer absorbieren als in einem gereizten Nachhall? Falls nicht: Beginne bitte nochmal oben und lies erst weiter, wenn dem so ist.

Numinosum:

Sei jetzt still!

[Vorhang]

Welche Schwerfälligkeit begleitet dich soeben? Bist du friedlich? Rätselst du über Sinnhaftigkeit der gelesenen Zeilen oder lässt du des Rätsels Lösung gar nicht in den Sinn kommen? Gleichzeitig verfangen sich deine Gedankenfäden im Brausen um das Bewusstsein. In dem du bewusst das Rätsel sein lässt und meidest, bist du dir dessen Wirkung ja bereits bewusst, wirst also unbewusst doch dazu getrieben, dich dem Sinn zu stellen. Vertrackt, nicht wahr?

Ich sehe was, was du längst siehst. Jetzt musst du nur noch genau hinschauen.

das Puppentheater soll Spuren hinterlassen, zu spüren sein und einen Baldachin aus Aggregation und Einsicht gespannt werden. Auch mir soll er dienlich sein. Fragliches klären und dem störenden Anecken Klarheit verschaffen.

Akt 201, Szene 1. Titel: Ein verleckter Traum. Kathy betritt den Raum. Ray und Joey spielen etwas.

Ray:

Wir spielen Tapetenlecken

Kathy

Quatschsinn. Was macht man denn da?

Joey:

Du wirst gedreht und dann in ein Zimmer geführt, musst dort die Tapete lecken und herausfinden, um welchen Raum es sich handelt.

Ray:

Und wirst dabei auch noch mit frisch gebackenen Pfannkuchen beworfen.

Kathy:

Reizend. Ihr leckt jetzt also die Wohnung ab?

Joey:

Machst du mit?

Kathy wird sich dagegen entscheiden, Ray über einen rostigen Nagel lecken und Joey sich im Kühlfach verlaufen wird. Jimmy Crumb, der Knabe vom Stockwerk darunter, wird mit seinem kleinen, roten Wagen zur Türe hereinkommen, diesen mit Essen füllen, dabei Joey aus dem Kühlfach helfen und kurz darauf auch wieder verschwinden.

Ein Püppchen des Theaters, Analia, stopft in diesem Moment einem Sockenpüppchen kräftig das Maul und verliert sich in der Frage des “Warums”.

Es sollte übrigens “verlegter” Traum heißen.

Kapitel 2

Und neulich, viel genauer wird’s nicht und viel genauer geht euch auch wahrlich nichts an, bekam ich auf Facebook eine vaginale Freundschaftsanfrage. Was das ist, fragt ihr euch? Seid nicht so vorlaut. Melden und warten bis ich euch aufrufe. Zudem will ich euch das hier so genau gar nicht beantworten, weil sonst werden sicher einige so scheu wie dieses Pferd Arthur. Dass es dieses nicht wirklich gibt sei okay. Ich traue euch zu, dass ihr euch ein scheues Pferd auch wunderbar alleine vorstellen könnt.

Die vaginale Anfrage beantwortete ich zunächst nicht, ließ die digitale 1 in ihrem roten Sprechbläschen zappeln und vergnügte mich dabei mit Toast und Aufstrich. (Aß ihn und steckte mir keines der Dinge in den Penis oder solch.)

Letztendlich aber klickte ich auf Annehmen.

So, in der Manier Max Goldts sitze ich nun nur noch in Unterwäsche vor dem Schreibinventar. Wollte keiner wissen und hätte auch niemand wissen brauchen, geschweige denn jemand herausgefunden. Reine Selbstinszenierung und Schaulust am eigenen Schlawiner. Wobei ihr euch nun genüsslich in angebrachtem Lippenlecktempo vorstellen könnt, ob ich damit Penis oder die Keckheit meines Gedankenmitteilungsdrangs meine. Fabelhaftes all jenen, die jetzt zuklappen, furchtbar närrisch zur Fernbedienung greifen und noch etwas Verdaulicheres in sich hineinstopfen wollen.

Lobet dieses Puppentheater, welches euch vor einen Haufen unvollendeten Liebreiz stellt.

Und, ihr kleinen Schlawiner, wie gefällt es euch denn bisher?

Erkennt ihr inzwischen die Sinnhaftigkeit dieser Pupperei, dieses unumstößlichen Lagers an Narrhaftem und diese einnehmende Herrlichkeit an Liebkosungen aller vergangenen Worte?

[Eine kurze, rezitative Pause]

[Atme tief ein]

[Und jetzt wieder tief und langgezogen aus]

Bist du dir deines Atems bewusst? Wie er da verstreicht. Wieder kommt und erneut flieht. Gleicht er einem Sturm, einem Ungetüm der Natur, der dich überkommt, umspült und dir zugleich Luft schenkt und raubt? Ist es eher ein lauer, träger Strom aus ruhigem, besinnlichen Rauschen, ein sanftmütiges Füllen der Lungen und behutsames Heben und Senken? Ein Zug nach dem anderen. Er hält dich am Leben, bemerkst ihn vielleicht gar nicht bewusst, obwohl er dein Leben sichert, dich sanft umgibt und nur dir gehört. Erst beim genaueren Hinsehen erkennst du hier die Sinnhaftigkeit. Und so verhält es sich auch mit diesem Text. Für sich genommen sind es nur Worte, aber was, wenn ihr Zweck tiefer verborgen liegt. Sobald der wahre Zweck entdeckt wurde, wäre dieser Text, ohne seine Worte, nicht dasselbe. Ein leeres Blatt oder Makulatur. Leben ohne Atem; Text ohne Worte.

Ich lasse den Epilog im Hauch des Moments verlaufen. Der Wasserfarbmalkasten ist schon bereitgestellt. Lasse ihn drei Minuten lange im Wasser ziehen, bevor er servierwarm serviert werden kann. Ihr braucht das jetzt nicht mehr zu hören, braucht auch nicht extra zu warten. Es wären nur weitere Gedanken, die mir Ejakulat den Schlawiner hochtreibt und ich damit voraussichtlich auch alleine bleibe. Manches muss nicht, das darf ruhig bei mir im geistigen Kommentar bleiben. Dort ein wenig reifen und ausschließlich mich erfreuen.

Ein Buch ohne Epilog. Erich Kästner schrieb einst, dass es ein Buch, ohne Vorwort, nicht geben sollte. Und ein Vorwort, ohne Buch, schon gar nicht.

Wenn ihr jetzt immer noch dem Lesen dieser Zeilen frönt, bescheinige euch das sehr gerne. Für die Eltern, Lehrer, Partner, Follower oder gar für euch selbst.

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Geneigte Bestätigungs-Empfänger,

___________________ hat erfolgreich einen Text gelesen, ohne einen Gedanken darin Schaden beigebracht zu haben. Gut. Morgen muss er trotzdem wieder zu Mathe.

Mit unverzeihlichen, jedoch unterschriebenen Grüßen

M. Schuster

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Was halten die letzten Momente bereit? Eine selten dämliche Frage, Monsignore. Ich erzähle dann doch lieber, wie meine idealisierte Vorstellung meines letzten Hauchs sein könnte.

Also. Das Gefühl ist ein wohliges und zugleich erschöpftes Kribbeln. Nach ausgiebigem Sport oder Sex mit der Liebsten. Ein Gang in die Sauna und folgend in den Erholungsraum nebenan, mit ruhig-blaffendem Kaminfeuer, warmen Kirschholzwänden und weich frottierten Liegen. Ich bin umgarnt von zart gesponnener Vollendung und ein anschmiegsamer Bademantel begleitet das schmusige Adagio des Hintergrunds. Jenes verführt schelmenhaft mit einem Violinenkonzert Vivaldis, während mein Fokus auf eine byzantinische Reise geht. Er streift den generösen Geist jenes Moments, wie warme Küstenwinde die nackte Haut bezirzen, süße Früchte mich olfaktorisch umtanzen und die beruhigende Strömung der Lagunen mit den Zehen lustvoll spielen. Augenblickliche Verflüchtigung aller Anspannung und allen Leids. Mit geschlossenen Augen ertastet meine rechte Hand die meiner Liebsten. Wir reichen uns die Herzen - ein letztes Mal nun. Eine Myriade an Emotionen könnte ich nun spüren. Es ist eine.

Und so führt zu Ende, was zu Ende geführt gehört.

Aufschlussreicher wird’s jetzt wohl nicht mehr. Einem Teil meines seelengebärenden Gebarens verlieh ich hier nun Ausdruck. Faktisch ist hier das Ende und ihr seid selbst schuld, dass es zu Ende ging. Positives Geflüster mauschelt aber davon, dass ihr wenigstens einmal was bewirkt und endlich etwas zu Ende gebracht habt. Gut Schabbes. Darf ich nicht schreiben? Aber, ich bin doch Weltenbürger?! Dazu noch halber Ungare. Also, nein?

Ihr seht, das kann ewig so weitergehen. Aber zu Ende gehen bedeutet ja gleichzeitig Neubeginn. Ein Epilog könnte in alle Ewigkeit geführt werden und nie sein wahrhaftes Ende finden, denn durch den Tod eines Satzes entsteht schon der nächste. Ein Epilog würde doch also nur falsche Hoffnungen machen und eine latente Befriedigung evozieren wollen. Wäre nicht weltlich, nicht realistisch. Vielmehr müsste..

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